Die dunklen Augen des Jungen, welchen ich vor mir im Spiegel sah, enthielten nicht einen Funken des leuchtens mehr, welcher für andere Menschen normal war. War es das was andere Traurigkeit nannten, was mir da aus den Augen des dunkelhaarigen, blassen Jungen entgegen strahlte? Ich wusste es nicht, sah auch nicht das es meine eigenen dunklen Augen waren , welche in mir diese Gedanken auf keimen liesen. Ja es war ein Spiegel, aber ich erkannte mich nicht in diesem Spiegelbild. Meine Weihe und mein Namenstag lagen genau heute 14 Jahre zurück, doch es war kein Grund zur Freude, wobei ich jene Emotion nicht verstand. Eine seltsame Leere beschlich mein Herz und meinen Magen, wurde ich etwa krank? Das war ich oft, zu oft für die Gemeinschaft, auch wenn war ich, wie der Junge im Spiegel viel zu dünn, weil ich Probleme mit der Nahrungsaufnahme hatte. Mit zitternden Fingern strich ich mir die nassen Haare zurück, das Band welches jedes männliche Mitglied der Gemeinschaft im Haar trug, welches ihn als Kind Joshuas zeichnete, musste ich gestern Abend ablegen, ebenso wurden meine Haare gekürzt ohne das ich es wollte. Wirr standen die schwarzen Strähnen ab und der Blick des Jungen im Spiegels senkte sich. Gestern Abend hatten die Ältesten meinen Vater mitgeteilt das ich erneut nicht die Taufe empfangen durfte und so in Gefahr stand die Gemeinschaft verlassen zu müssen. Ich wäre zu rebellisch und wiederspenstig. Dabei verstand ich nur einfach nicht. Eine Ausrede in den Augen der Ältesten und somit nicht von Relevanz. Der Junge im Spiegel war wie ich war eine Schmach für die ganze Familie an der weder der Tage lange Hausarrest , noch das Sprechverbot , noch der Ausschluss von Gebeten und gemeinschaftlichen Aktivitäten etwas änderte. Mein Herz, meine Seele blieb sündig. War sie das aber wirklich? Ich glaubte nicht daran, ich sah nichts schlechtes in meinen handeln und meinen denken, doch alle anderen sahen den Samen Satans darin. Wusste der dunkelhaarige im Spiegel davon, von meinen Fehlverhalten? War sein Blick deswegen so Seelenlos? Mit den Händen auf dem Waschtisch abgestützt atmete ich tief durch, gleich war es wieder soweit und ich musste mich dem Rat der Ältesten stellen, die entschieden wie es mit mir weiter gehen würde. Würde ich danach meine Geschwister, meine Eltern nochmals sehen? Wollten sie diesen Abtrünigen, wie sie mich nannten überhaupt noch hier haben? Die selbstgenähte Cargohose und das übergroße Hemd zog ich mir langsam an, das Spiegelbild zeigte mir das der Junge darin wohl Schmerzen haben musste, ich selbst spürte ein Brennen, doch war dies nur ein körperlicher Zustand durch die Züchtigung meines Vaters, welche ich seit meinen 2 Lebensjahr kannte. Auf Verfehlungen folgt die Rute, egal ob es eine aktive oder eine passive Art der Verfehlung war, zum Beispiel durch Missverständnisse. Kinder hatten zu gehörchen und das blind ohne eigenen Willen. Ein Grundsatz den ich nicht verstand. Obgleich ich heute 14 wurde, war ich so schmächtig im Vergleich zu den anderen Jugendlichen in der Gemeinschaft, das mein Vater, auch wenn es eigentlich in den Schriften hieß, bis zm 12 Lebensjahr, mich übers Knie gelegt. Eine Demütigung, welche sich , obgleich ich diese Emotion nicht verpacken konnte, tief in meine Seele gebrannt hatte. Diese Schläge, sie waren Sinnlos, denn Gott würde mir nicht verzeihen, mein Wille würde nicht brechen und ich würde nicht getauf werden. Den Kontakt zu jenen Jugendlichen hier in der Gemeinschaft hatte ich schon lange verloren, sie kamen nicht mit meinen Eigenheiten klar und ich verstand sie einfach nicht. Den Stoff an meinen Körper glatt ziehend atmete ich durch, meine Hände schwitzten und mein Herz raste . Das es Angst war wusste ich nicht, doch dieses Treffen mit meinen Eltern und dem Ältestenrat löste eine tiefe Unruhe in mir aus. Was würde geschehen? Ich war hier geboren wurden, auf diesem Hof in Pennsylvania . Nicht das ich wüsste wo genau dies lag. Unsere Schulbildung lief wie unser Leben komplett in den Gebäuden der Gemeinschaft ab. Eine staatliche Schule hatte ich noch nie von innen gesehen, dies Gelände noch nie verlassen. Wie alle minderjährigen die hier lebten. Die Uhr schlug zur 8 ten Stunde, das Abendgebet war vorbei, eine Veranstaltung von welcher ich ebenfalls ausgeschlossen worden war. Nur langsam lief ich die hölzernen Stufen hinunter, am Treppenabsatz wurde ich von jenen Singel-Brother in Empfang genommen, der meine Erziehung übernommen hatte, zumindest würde dies ab heute so sein. Kälte trang aus seinen Augen als er an mir herab sah und mir grob das Hemd zurecht zupfte "Verzeihung" murmelte ich leise, wissend das dies gefordert wurde und folgte ihm über den Hof. Leises getuschel folgte mir, doch sah ich mich nicht um. Jene Person aus dem Spiegel, die ich halbwegs verstand, würde ich hier nicht sehen. Der Geruch von Keksen und Maltetee schlug mir entgegen als die Türe zum Versammlungsraum geöffnet wurde und so hob ich den Blick. Da saßen sie alle, im Halbkreis. Meine Eltern, die Ältesten und all jene die an meiner Erziehung beteiligt waren, der Lehrer, der Vorarbeiter, einfach jeder. Ich versuchte in ihren Gesichtern zu lesen wie ihre Entscheidung ausgefallen war, versuchte raus zu finden ob es sinnvoll war etwas zu sagen, doch schwieg ich. Bis mir , besser meinen Eltern mitgeteilt wurde, das ich die Gemeinschaft verlassen musste und da, so weit ich verstand. Die Ältesten nicht auf solch treue Brüder und Schwestern wie meine Eltern verzichten wollten und einer von ihnen sonst bis zu meinen 21 Lebensjahr mit mir außerhalb der Gemeinschaft leben müsste, wollten sie mir die Chance geben mich in einer anderen Gemeinschaft, welche noch im Aufbau war zu bewähren. Entsetzt riss ich die Augen auf als mir mitgeteilt wurde ich sollte nach Brasilien und hätte in einigen Jahren vielleicht die Chance meine Familie wieder zu sehen wenn ich mich bewähren würde "Nein..." platzte es ausversehen unkontrolliert aus mir heraus und mein Vater stand auf. Ohne Wut, ohne Emotionen im Gesicht ergriff er mein Handgelenk und führte mich in den Keller des Gebäudes, die Schläge mit der Rute waren demütigend und doch verzog ich nicht mal die Lippen, ignorierte den Schmerz der mein Herz schon längst verhärtet hatte. Mit gesenkten Blick betrat ich nach einer halben Stunde den Raum wieder und entschuldigte mich. Jener der von jetzt an mein Erzieher sein würde nickte knapp und teilte mir mit, das mein Flug schon gebucht war, das ich noch heute aus dem Land gebracht werden würde. Den Mann an sich hatte ich noch nie gesehen, er war letzte Nacht aus Brasilien angereist und würde heute mit mir zurück fliegen und meine Eltern schienen diesen Worten blind zu vertrauen, so blind wie ich zu gehorchen hatte. Es gab keine Verabschiedung , nicht mal von meinen Geschwistern und ich spürte wieder diese Leere in mir, diese Traurigkeit wie andere sie wohl nennen würden. Aber ich war nicht in der Lage dies Gefühl zu zeigen. Da ich wie alle anderen Kinder kein persönliches Eigentum besaß außer meiner Kleidung, war der Rucksack schnell gepackt welchen ich mit nahm. Zum ersten Mal in meinen Leben verlies ich in diesem alten, weißen Bulli das Gelände der Gemeinschaft. Es war Nacht und doch starrte ich fasziniert aus dem Fenster, die Lichter der Stadt, das bunte...die vollkommen anders angezogenen Menschen, es war wie eine Reizüberflutung. All das was ich sah konnte ich gar nicht so schnell aufnehmen. Es war verboten zu zeichnen, aber ich saß hinten im Auto und versuchte ich unauffällig meinen Block hervor zu holen, den mir meine Großeltern geschenkt hatten und all das zu zeichnen was ich sah . Die Rüge folgte als wir dies große Gebäude was wohl der Flughafen war erreicht hatten.In der Öffentlichkeit, so nahm ich an war ich vor der Züchtigung sicher und so packte ich entschuldigend den Block ein und betrat eine halbe Stunde später dieses riesige Flugzeug , welches mich an einen Ort brachte den ich nicht kannte und an welchen ich knapp zwei Jahre leben würde bevor mir die Flucht gelingen würde. Eine Flucht von welcher ich heute noch nichts wusste und sie mich niemals getraut hätte.

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